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1. Februar 2016

{bücherliebe} Thees Uhlmann - Sophia, der Tod und ich


Auf kein anderes Buch war ich zuletzt so gespannt wie auf den Debütroman des Musikers und Lieblings-ich-wäre-gerne-deine-Kumpeline-und-will-ganz-viel-Bier-mit-Dir-trinken Thees Uhlmann. Gleichzeitig war ich aber auch schwer aufgeregt, weil ich so sehr hoffte, dass man in diesem Buch auch wirklich Thees Uhlmann "Das Original" wiederfindet. Alles andere hätte mich enttäuscht - glücklicherweise ist das aber nicht passiert!

Für die musikbegeisterten unter uns ist Thees Uhlmann keineswegs ein unbeschriebenes Blatt. So hat er sich mit seiner Band Tomte und als Solokünstler einen Namen gemacht. Und wünscht man sich von einem solch begnadeten Geschichtenerzähler nicht immer ein Buch?! Als die Veröffentlichung offiziell gemacht wurde, war klar wie Kloßbrühe, dass man darauf doch immer schon gewartet hat. Und nun ist es also da und es ist ganz wunderbar. Und neu. Oder hat jemand von Euch jemals von einer ähnlichen Geschichte gehört?!


Von der Geschichte eines Mannes - nennen wir ihn lieber antriebslos als einen Versager - der allein in seiner kleinen Wohnung lebt und froh ist, von aller Welt in Ruhe gelassen zu werden. Uhlmann versteht es hervorragend den jungen Altenpfleger so darzustellen, dass man ihn nicht sofort als unsympathisch abstempelt. Im Gegenteil. So erging es mir zumindest. Der Protagonist ist ein nachdenklicher Charakter, der mit seinem Leben nicht unbedingt im Reinen ist, andererseits aber auch keinen depressiven Eindruck macht. Die größten Anker in seinem Leben sind der Fußball und das tägliche Postkarten schreiben an seinen kleinen Sohn, der bei der Mutter aufwächst und ihn nie kennenlernen durfte.

Eines Tages jedoch klingelt wider Erwarten tatsächlich jemand an seiner Tür - und zwar der Tod höchstpersönlich.
Ich: "Guten Tag. Kann ich Ihnen helfen?"
Hinter mir lag kein Paket, das ich für die Mitmieter meines Hauses angenommen hatte. 
Er: "Guten Tag. Eigentlich können Sir mir gar nicht helfen. Ich bin der Tod, und Sie müssen jetzt mitkommen."
Ich: "Ja, dann warten Sie kurz. Ich pack nur noch schnell meine Sachen uns komm dann!"
Der Mann verdrehte die Augen, schaute mich an und sagte: "Oh, einer der Humorvollen! Wundervoll. Noch nie gehört den Witz. Sie haben jetzt noch drei Minuten Zeit, un über alles nachzudenken. Wenn Sie jemanden anrufen oder schreien, sterben Sie sofort."
Von allen abgedrehten Dingen, die ich je gehört und erlebt hatte, war das vermutlich eines der abgedrehtesten.
So nimmt die Geschichte ihren Lauf. Der Tod entpuppt sich als ein sehr anständiger Zeitgenosse und keineswegs als "Unmensch". Er versteht sein "Handwerk" und gibt dem Ich-Erzähler nocheinmal die Chance, sich auf eine Reise zu machen. Und zwar zu seinem Sohn. Um die ganze Skurrilität abzurunden, werden die beiden von Sophia, der Ex-Freundin des Protagonisten, und seiner Mutter begleitet. Diese Konstellation ist purer Zufall, denn der "Heimgesuchte" ist an diesem Tag mit Sophia verabredet, um seine Mutter zu besuchen. Hauptakteur ist der Tod, der irrsinnigerweise endlich Leben in das trostlose Leben des Ich-Erzählers bringt und diesem ganz neue Seiten verleiht.
Ein Ausflug ins Ungewisse beginnt. Mit vielen wahnsinnig komischen Dialogen und Situationen. Und man fragt sich am laufenden Band, wie das alles enden soll und ob es überhaupt endet.

 

Besonders gefallen hat mir, dass in typischem Uhlmann-"Deutsch" ein ganzes Buch geschrieben wurde. Unbeeindruckt von eventuellen Tabus, ob man zum Beispiel eine lustige Geschichte über den Tod schreiben sollte. Und immer wieder denkt man beim Lesen "ja, warum denn eigentlich nicht?" Schließlich beschäftigt dieses Thema jeden von uns und häufiger als wir uns das wünschen würden. Dann also gerne mal mit Humor. Jeder von uns reagiert anders darauf, aber bestimmt wird nach der Lektüre dieses Buches jeder etwas anders über das eigene Leben nachdenken. Und dem Tod möglicherweise verändert gegenübertreten.
"Und dann boxen im Kopf beide Gedanken. Und dann denkt man, dass der gute Gedanke in den Pausen der Boxrunden auch Weißwein trinken sollte statt Wasser, und plötzlich steht man da angezählt nach zwölf Runden und weiß immer noch nicht, ob man gut oder schlecht gelaunt ist, sondern man ist einfach nur RUHIG, weil es summt, weil die Synapsen schütten, weil man Gedankengänge logisch findet, die man sonst nicht denkt und vor allen Dingen, weil man überhaupt nichts denkt und darüber nachdenkt. Und am nächsten Tag ist alles egal, weil man unruhig ist, weil man einen Kater hat und die Synapsen sich zur Ins-Moloch-Herunterziehmaschine zusammengeschlossen haben und dann … ich rede zu viel. Woran sterbe ich eigentlich?“
Ein Tribut ans Leben. Ungewöhnlich, aber verdammt gut.
Und ist es nicht ein gutes Zeichen, wenn man am Ende eines Buches traurig ist, dass es vorbei ist?

Danke, Thees.




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