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22. März 2015

{bücherliebe} Erik Axl Sund - Die Victoria-Bergman-Trilogie


 "Dunkel ist unser Leben. Groß unsere angeborene Enttäuschung
- die bewirkt, dass überhaupt so viele Märchen
in Skandinaviens Wäldern blühen. Düster verkohlt der Hunger-
brand unseres Herzens. Viele werden zu Wächtern am Meiler
ihres eigenen Herzens; legen im Siechtum ihrer Verträumtheit
das Ohr heran und hören, wie ihr Herz rauschend verbrennt."
          (Harry Martinson: Die Nesseln blühen)


Aufmerksam wurde ich auf die Victoria-Bergman-Trilogie tatsächlich durch das Cover des ersten Bandes "Krähenmädchen". Und deshalb habe ich es auch gekauft. Ohne mich vorher großartig mit der Thematik auseinanderzusetzen. Beim anfänglichen Lesen dachte ich, dass das vielleicht ein Fehler war, denn wir sprechen hier von hartem Tobak. Dass die Geschichte mit dem Auffinden der Leiche eines mißhandelten toten Jungen eingeleitet wird, ist nur der Beginn eines echten Alptraums für die Kommissarin Jeanette Kihlberg, denn es werden noch viele weitere Morde folgen.


Im Zuge ihrer Ermittlungen trifft sie auf die Psychologin Sofia Zetterlund, die ihr bei der Aufklärung helfen soll, denn eines der Opfer befand sich in ihrer Behandlung. Spezialisiert ist sie auf die Behandlung von multiplen Persönlichkeiten. Darunter auch Victoria Bergman, die völlig zerstört scheint, weil sie als Kind schwer misshandelt wurde. Sofia dringt nicht recht zu ihr durch und ahnt zu Beginn des Falles noch nicht, wie sich ihre Patientin entwickelt und was sie eigentlich genau antreibt und vorhat. Schnell ist aber klar: Hier geht es nicht um einfache Rache, hier geht es um den einsamen Kampf der Victoria Bergman gegen all das, was ihr in ihrem Leben Leid zugefügt hat. Und wenn man derart viel Leid erfahren hat, ist man auch nicht zimperlich in der Umsetzung der Rache. Da sind schon viele Unvorstellbarkeiten dabei. Wahrscheinlich auch Tabubrüche. Und einiges Gruseliges. Aber immer toll und treffend erzählt. Manchmal habe ich mich schon gefragt, wer diese Menschen hinter dem Pseudonym Erik Axl Sund (Jerker Eriksson und Håkan Axlander Sundquist) sind. Wer Gewalt und Grausamkeiten - nicht nur körperlicher Natur, sondern vor allem seelischer - so gut beschreiben kann... können die selbst überhaupt sauber ticken?

Wie auch immer, vom Sprachlichen mal ganz abgesehen, irgendwie hat man nicht wirklich das Gefühl, dass sämtliche Handlungsstränge ein und dieselbe Geschichte bilden sollen, große Teile verwirrten mich sehr. Und man muss sagen, dass im ersten Teil auch nicht wirklich für "Entwirrung" gesorgt wird.


Und deshalb hoffte ich, dass meine vielen offenen Fragen im zweiten Band "Narbenkind" schnell beantwortet werden würden - weit gefehlt! Für mein Gefühl ging es ähnlich weiter. Und auch nicht ganz so fesselnd wie in "Krähenmädchen". Band zwei nimmt aber etwa zur Hälfte an Fahrt auf, beantwortet einige Unklarheiten, wirft aber ebenso viele neue Fragen auf. Richtig gut hat mir gefallen, dass man sofort wieder ins Geschehen einsteigen kann. Trotz Verwirrtheit gelingt es dem Autorenduo, den Leser von Anfang an in die miteinander verwobenen Geschichten zurückzuholen, ohne dass man lange darüber nachdenken muss, wie sich das nochmal im ersten Band zugetragen hat. Es kommen neue Grausamkeiten ans Tageslicht, die an die bisherigen Geschichten anknüpfen und immer wieder zu Victoria Bergman führen. Es kommen mehrere Menschen zu Tode, die alle etwas mit ihr und ihrem Umfeld zu tun haben. Auch hier braucht man als Leser teils starke Nerven, die Autoren finden streckenweise sehr deutliche Worte für die jeweiligen Verbrechen.

Auch in der Fortsetzung haben wir es wieder mit einer sehr ehrgeizigen, meistens sogar eher verbissenen Kommissarin Kihlberg zu tun, die nicht nur beruflich viele Probleme hat, sondern auch privat vom Pech verfolgt wird. Während sich ihr Sohn weiterhin von ihr abwendet, aus Protest für ihre dauernde Nichtanwesenheit, wird sie auch noch von ihrem Mann verlassen. Währenddessen wird die Psychologin Sofia eine immer wichtigere Rolle in ihrem Leben spielen. Nicht nur beruflich. Und genau das stürzt Jeanette in immer heftigere Schwierigkeiten.



Ich war darauf vorbereitet, dass es sich um einen Psychothriller handelt. Und dieser Begriff ist hier absolut nicht fehl am Platz. Zwischendurch habe ich mich gefragt, wie sowas verfilmt werden könnte. Ich hoffe übrigens sehr darauf!

Es geht es um menschliche Abgründe und unvorstellbare Taten. Immer wieder stellt sich die Frage, wie weit ein Mensch geht, der keine Grenzen (mehr) kennt. Keiner der Protagonisten ist einem sofort sympathisch. Die Frage ist, ob sie es jemals werden, aber ich schätze, dass genau das beabsichtigt ist. Auf jeden Fall haben wir es in allen drei Bänden mit starken und krassen Charakteren zu tun. Ich kann die Reihe uneingeschränkt empfehlen, wenn Ihr spannende Literatur mögt. Seid trotzdem gewarnt: Die Victoria-Bergman-Trilogie ist wirklich nichts für sehr schwache Nerven.






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